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Theory
of The Gift Economy


Intro

Kapitel 1
Am Anfang

Kapitel 2
Sprache und Denken

Kapitel 3
Reziprozität

Kapitel 4
Definition und Tausch

Kapitel 5
Die Kategorie des Menschen

Kapitel 6
Marksistische“ Kategorien

Kapitel 7
Die kollektive Quelle

Kapitel 8
Kastrationsneid

Kapitel 9
Is = $

Kapitel 10
Wert

Kapitel 11
Der Übergang zum Tausch

Kapitel 12
Wie dem Tausch Wert geschenkt wird

Kapitel 13
Markt und Geschlecht

Kapitel 14
Zu existieren verdienen

Kapitel 15
Das Zeigen und das Patriarchat

Kapitel 16
Das Zeigen des Egos

Kapitel 17
Was repräsentiert die Demokratie?

Kapitel 18
Die nicht-maskulisierten Protagonistinnen gesellschaftlichen Wandels

Kapitel 19
Traum und Realität

Kapitel 20
Schenken und Liebe

Kapitel 21
Vom Garten zum Gral

Kapitel 22
Kosmologische Spekulationen

Kapitel 23
Nach den Wörtern – die Theorie in der Praxis

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Nach den Wörtern – die Theorie in der Praxis

Es gibt viele verschiedene Wege, um zu einem Paradigmenwechsel zu gelangen. Zunächst würden unmittelbare und weitreichende Konsequenzen erzielt, wenn die „Erste Welt“ der „Dritten Welt“ ihre Schulden erlassen würden (die in Wirklichkeit bereits viele Male zurückgezahlt worden sind). Ein erster Schritt könnte darin bestehen, zumindest die Zinsen zu vergeben. Dieser Schritt könnte von Initiativen begleitet werden, die sich um eine Leben achtende und respektierende materielle Kommunikation mit der „Dritten Welt“ bemühen. Ähnliches könnte in Bezug auf die ehemaligen Republiken der Sowjetunion geschehen. Diesen wird es seit ihrer Unabhängigkeit aufgrund kapitalistischer Plünderung verunmöglicht, eine bessere Gesellschaft zu errichten. Stattdessen haben sie mit erschreckender Armut zu kämpfen. Für uns alle am wichtigsten wäre jedoch, damit aufzuhören, den Reichtum der Welt für die Aufrüstung und das Militär zu verschwenden. Stattdessen müssten unsere Ressourcen für den Aufbau einer fürsorglichen Ökonomie eingesetzt werden.

In den USA müssen wir die Gefängnisindustrie ändern. Wir müssen unser Augenmerk auf die sozialen Gründe für die Kriminalität richten und versuchen, Kindern und Jugendlichen Leben zu schenken, die es wert sind, gelebt zu werden. Wir müssen das Bedürfnis und das Menschenrecht einer jeden Person auf ein gutes und glückliches Leben anerkennen. Jede Person muss die Möglichkeit haben, anderen zu schenken. Wir müssen soziale Übel stoppen, wie den Mädchen- und Frauenhandel. Wir müssen anerkennen, dass die meisten MigrantInnen, die vom Süden in den Norden kommen, nur dem Fluss folgen, entlang dessen ihren Ländern unbezahlte Geschenke abverlangt und ihre Ressourcen entleert werden. Dieser ausbeuterische Fluss ist zu stoppen und die Menschen des Südens sind als unsere Schwestern und Brüder zu begreifen. (Wenn wir unser Geld nicht für die Rüstung ausgeben würden, gäbe es genug Ressourcen für alle.) Die Naturzerstörung muss aufgehalten und die Natur als ein Geschenk an unsere Kinder und deren Kinder gesehen werden. Außerdem sind viel mehr Frauen mit fürsorglichen Werten in öffentliche Ämter zu wählen.

Fortschritt in jedem dieser Bereiche – und es gibt viele weitere – würde positive Wellen schlagen und die Werte des Schenkprinzips vorantreiben. Ein erster Schritt, um uns in die Richtung eines Paradigmenwechsels zu bewegen, wäre es, das Schenken zu erkennen, das wir bereits tun bzw. uns zu weigern, weiterhin dem Tauschsystem Wert zuzuschreiben. Wir könnten dann damit beginnen, das Schenken experimentell auszudehnen und in politischen wie sozialen Institutionen zu etablieren. Dies würde das Ende individueller fürsorglicher Aufopferung ermöglichen und das Schenkprinzip gesellschaftlich etablieren.

Diese Perspektive muss bewusst praktiziert werden. Ich habe versucht, dies durch die Gründung der Foundation for a Compassionate Society (FFCS – etwa: „Stiftung für eine fürsorgliche Gesellschaft“) und der politischeren (nicht steuerlich absetzbaren) Gruppe Feminists for a Compassionate Society (etwa: „Feministinnen für eine fürsorgliche Gesellschaft“) zu tun. Ich praktiziere die Theorie, die in diesem Buch präsentiert wurde, seit 1981, indem ich meine Ressourcen für soziale Veränderung einsetze. Bevor ich die Theorie entwickelte, praktizierte ich das Schenkprinzip weniger bewusst, als Ehefrau und Mutter.

Für mich persönlich lag eine positive Konsequenz der Theorie darin, mich von dem psychischen und sozialen Druck zu befreien, der mich davon abgehalten hatte, Bedürfnisse außerhalb meiner Familie zu befriedigen bzw. Menschen außerhalb meiner Familie zu schenken, und ich denke, dass das Annehmen einer aktiveren schenkenden Rolle mir half, einige psychische Probleme zu lösen, mit denen ich zu kämpfen hatte. Es ist mir jetzt klar, wie viel jederzeit überall geschenkt wird, und ich bin heute davon überzeugt, dass das Schenken das normale menschliche Verhalten ist. Allerdings wird unser Schenken vom Tausch blockiert und vom Mangel bzw. den Werten des Patriarchats erschwert, die das Schenken als Tausch fehlinterpretieren und es gleichzeitig als ineffektiv und schwach abwerten (oder – als Kehrseite der Medaille – sentimentalisieren). Wir müssen zur Sprache zurückgehen, um zu erkennen, was das Schenken menschlich macht. Wenn wir das tun, werden wir seine bewusste Praxis fördern können.

Schenken, um individuelle Bedürfnisse zu befriedigen, kann das soziale System, das diese Bedürfnisse schafft, nicht ändern. Sobald dieses jedoch geändert ist, wird das Schenken zum leitenden Prinzip auf allen Ebenen werden, nicht nur auf der individuellen. Die Notwendigkeit, unsere Ressourcen der Änderung des Systems zu widmen, ist heute dringender denn je. Wir alle müssen sowohl auf der individuellen wie der gesellschaftlichen Ebene schenken. Wir müssen dabei jedoch auf unsere Energien achten, um uns nicht zu erschöpfen. Da wir unser Schenken anfangs immer noch im Rahmen des Tauschprinzips praktizieren werden, ist diese Gefahr groß.

Ein Grund, warum Schenkende ihr Schenken kaschieren, liegt darin, dass sie fürchten, den Eindruck zu erwecken, dass sie durch ihr Schenken nur ihr eigenes Ego aufplustern wollen, der Logik der Maskulisierung entsprechend. Der logische Widerspruch, der in solchem „ego-orientierten Altruismus“ liegt, wirft einen Schatten über den Altruismus und verleiht ihm das Ansehen der Scheinheiligkeit. Wir können diese Furcht jedoch ablegen, indem wir im Rahmen der feministischen Bewegung Vertrauen und Großzügigkeit entwickeln.

Ein weiterer Grund dafür, warum Menschen oft versteckt schenken, ist, dass religiöse und andere Moralapostel verstecktes Schenken, ja sogar Selbstaufopferung, tugendisieren. Während dies uns manchmal vor der Falle der Ego-Herrschaft bewahren mag, verhindert es gleichzeitig die Ausdehnung des Schenkprinzips auf die gesellschaftliche Ebene.

Es gibt viel psychisches Leid, das wir in Zusammenhang mit dem Schenken erfahren. Vielleicht liegt der Grund dafür in der Tatsache, dass das Schenken für die meisten von uns ausschließlich mit unserer Kindheit verbunden ist und es danach in unserer Entwicklung blockiert wird. Wir haben oft extrem starke emotionale Reaktionen in Bezug auf das Schenken, die unerforscht bleiben. Oft fühlen wir uns angesichts offenen Schenkens unsicher und unbehaglich. Der Tausch scheint uns einfach handhabbarer und seriöser. Damit wir uns auch in Bezug auf das Schenken wohl fühlen, muss es „angemessen“ und darf nicht „exzessiv“ sein – und damit ändert sich natürlich auch nichts.

Wir bewegen uns auf Zehenspitzen in einer Gesellschaft, deren Tauschwerte wir mit unserem Schenken nicht verletzen wollen, während diese Gesellschaft tagtäglich den Planeten zerstört und Millionen von Menschen, die woanders leben, Hunger und Tod bringt. Wir retten unsere persönliche Behaglichkeit auf Kosten unseres sozialen Interventionspotentials und somit bleibt der zerstörerische Status quo unangetastet. Gleichzeitig werden diejenigen, die sich des Leidens der Vielen und der Krankheit des Systems tatsächlich annehmen wollen, in Verzweiflung gestürzt, da sie das umfassende Schenkpotential unseres Lebens nicht wahrnehmen können, das vom Tausch verdeckt wird. Das gleiche gilt für die Schimmer sozialer Veränderung, die immer wieder auftauchen und immer wieder überlagert werden. Wenn das Schenken offen praktiziert wird, handelt es sich meist um Vereinnahmungen durch Religionen, Regierungen oder Konzerne, und es bleibt der Eindruck, als wäre das Schenken eine List der Maskulisierung, ein Mittel der Gier und der Korruption. Im besten Fall nimmt das offene Schenken innerhalb des Tauschsystems den Charakter einer sozialen Verpflichtung an, der Gemeinschaft etwas „zurückgeben“ zu müssen – innerhalb der etablierten Parameter des Systems.

Mir wurde klar, dass es der Praxis offenen Schenkens für gesellschaftlichen Wandel bedarf, um die wirkliche Bedeutung des Schenkens sichtbar zu machen. Deshalb entschloss ich mich, die erwähnten Organisationen zu gründen und entsprechende Projekte zu unterstützen. Dabei musste ich oft auf den Tausch – in Form von Lohnarbeit – zurückgreifen. Meine Stiftung und die feministische Gruppe, die ich gründete, sind beide hybride Lösungen in diesem Sinne.

Das Geld, das ich geerbt habe, habe ich auch dazu verwendet, progressive und feministische Projekte zu unterstützen, die bereits existierten. Für mehrere Jahre nahm ich die Hilfe meiner Cousine, Sissy Farenthold, in Anspruch, einer bekannten Feministin und Aktivistin, die mit den Spielregeln dieses Feldes besser vertraut war als ich. Weiters kaufte ich Grund und Immobilien, um von Frauen geleiteten Projekten einen Ort zu geben. Schließlich gründete und unterstützte ich pädagogische Projekte, die von Frauen geleitet und verwaltet wurden. Manche dieser Frauen hatten bereits ihre eigenen Projekte gestartet oder starteten sie später – mit oder ohne meiner Hilfe. Gegenwärtig arbeite ich an einem Buch über mein Leben. In diesem werde ich auch von meinen Begegnungen mit Gruppen wie Dawne, Sisterhood is Global, Wedo, Feminist Press, der Feminist University of Norway, CoMadres, Resourceful Women und vielen anderen mehr erzählen.

Ich habe mit den Widersprüchen, die in einem Schenken für die Veränderung des Systems liegen, das mir von diesem System selbst ermöglicht wurde, gekämpft. Ich habe auch mit den Widersprüchen gekämpft, in Form des Lohnes, den ich Frauen bezahlt habe, auf den Tausch zurückzugreifen. Und ich habe es zu einem Grundsatz gemacht, Individuen nicht zu ihrem eigenen Nutzen zu schenken, da es wesentlich war, das Geld Projekten, die für soziale Veränderung arbeiteten, zukommen zu lassen. Es gibt sicher auch andere Wege, meine Theorie zu einer Praxis zu machen. Was ich tat, war das, was mir einfiel – und ich denke, dass mir dabei die Göttin mit Geschenken guten Timings und einfachen Glücks half.

Manchmal stimmten die Frauen, die in der FFCS arbeiteten, nicht mit mir überein. Manchmal hatten sie untereinander verschiedene Ansichten. Es gab lange und oft schmerzhafte Diskussionen – aber unsere Freundschaft und feministische Verbundenheit blieb gewöhnlich immer intakt. Ich hatte mich dazu verpflichtet, die Stiftung so vielfältig wie möglich zu halten und sie ist tatsächlich ein Ort, an dem europäische und nicht-europäische, alte und junge, lesbische und heterosexuelle, ortsansässige und weit weg lebende Frauen zusammenarbeiten. Ich denke, dass die Stiftung eine Nische des Friedens ist, in der eine Vielfalt an Stimmen gehört werden kann und eine Vielfalt an Denken Platz hat. Ich empfinde gegenüber den Frauen, die im Laufe der Jahre in der Stiftung gearbeitet haben, große Dankbarkeit und fühle mich geehrt, dass ich Zeit mit ihnen verbringen durfte. In den Personaltreffen, die jeden Mittwoch stattfinden, berichten wir über unsere jeweiligen Aktivitäten. Die unglaubliche Vielfalt an Information und Erfahrung, an Engagement und Tatkraft, an Mut und Einfallsreichtum bestätigt und inspiriert unsere Schwesterlichkeit und spendet selbst der desillusioniertesten Besucherin Hoffnung.

Die psychotische Praxis des Patriarchats hat so viele Bedürfnisse nach sozialer Änderung geschaffen, dass es für AktivistInnen nie genug zu tun gibt. Alles ist mit allem verbunden: die Natur mit uns Menschen, der Hunger mit der Militarisierung, der Respekt für allein erziehende Mütter mit dem Weltfrieden, die häusliche Gewalt mit rassistischer und globaler Gewalt. Wenn wir an einem der Probleme rütteln, bewegen wir alle anderen. Sobald wir auch nur ein Bedürfnis nach sozialer Veränderung befriedigen – „einen Unterschied machen“, wie es oft heißt –, demonstriert das die Möglichkeit aller, das Schenkprinzip offen und intelligent auf der gesellschaftlichen Ebene zu praktizieren.

Das Beispiel von Frauen, die versuchen, soziale Bedürfnisse zu befriedigen, die dafür Zeit, Intelligenz, Kreativität, Engagement und Geld aufbringen, demonstriert, dass das verallgemeinerte Schenkprinzip die Lösung für den gesamten Komplex von Problemen ist, die vom Tauschprinzip verursacht werden. Das Beispiel der Frauen kann weitreichende Effekte haben. Vor allem, da viele auf soziale Veränderung ausgerichtete Projekte – in den USA wie in anderen Ländern – immer noch nach patriarchalen Mustern organisiert werden und funktionieren und damit die Probleme perpetuieren, gegen die sie vorzugehen versuchen.

Projekte in den USA konzentrieren sich oft darauf, das Individuum zu ändern oder rechtliche Reformen herbeizuführen, ohne die Gesellschaft als Ganze zu transformieren. Die Verbindungen zwischen häuslicher und globaler Gewalt werden oft ignoriert. Nichtsdestotrotz bedeutet ein soziales Engagement gegen häusliche Gewalt einen Schritt hin zum Schenkprinzip – genauso wie das Engagement für soziale Gerechtigkeit, für Frieden und Menschenrechte, für die Beendigung von Hunger, Krieg, Rassismus oder Obdachlosigkeit. Das Gleiche gilt für Menschen, die sich darin engagieren, andere von Suchtproblemen oder psychischen Problemen, die von den patriarchalen Gewaltverhältnissen hervorgerufen wurden, zu befreien. Ob denjenigen, die sich in diesen Bereichen engagieren, die Bedeutung, die sie für die Verbreitung des Schenkprinzips spielen, bewusst ist oder nicht, ist nicht entscheidend. Ebenso wenig ob sie Frauen oder Männer sind. Gleichzeitig glaube ich, dass es wichtig ist, Frauen eine leitende Rolle im Prozess des gesellschaftlichen Wandels zuzuschreiben, da ihnen die ursprüngliche Maskulisierung fehlt und ihr Beispiel abseits des privilegierten Einen liegt.

Dieses Buch erschien im englischen Original 1997, als die Foundation for a Compassionate Society noch existierte. Ein Jahr später musste ich die Stiftung schließen, obwohl einzelne Projekte bis heute fortgesetzt werden. Ich habe immer noch Zugang zu Geldanlagen, mittels derer ich meinen Lebensunterhalt finanzieren kann, doch ich gab in den letzten Jahren meine Anteile an den Erdöl- und Gasunternehmen auf, die die Quelle meines Einkommens bildeten, um mich völlig aus diesen zerstörerischen Geschäften zurückzuziehen. Viele Jahre lang ging ich davon aus, dass es legitim war, Geld aus Ölgeschäften für gesellschaftlichen Wandel einzusetzen, und ich glaube immer noch, dass dies für manche funktionieren mag. Ich persönlich entschied mich jedoch, diesen Weg nicht länger zu verfolgen.

Heute lässt mich die ständig zunehmende Zerstörung der Natur glauben, dass ich das Richtige getan habe. Ein soziales Experiment wie die Stiftung muss nichts Permanentes sein. Wenn das so wäre, würde es sich nicht um ein Experiment handeln. Ich denke, dass wir gezeigt haben, dass Frauen, wenn ihnen die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung stehen, das Geschenk sozialer Veränderung schenken können, selbst in einer Gesellschaft, die tief vom patriarchalen Kapitalismus geprägt ist.

Seit ich dieses Buch veröffentlicht habe, habe ich zu verstehen begonnen, wie weit die Gehirnwäsche, der wir unterzogen werden, wirklich reicht. Es scheint fast so, als hätten wir irgendein physisches Leiden entwickelt, dass es uns verunmöglicht, einen Paradigmenwechsel herbeizuführen. Wie Erella Shadmi vor kurzem gesagt hat, handelt es sich darum, „ein Paradigma zu präsentieren, um mit einem anderen interpretiert zu werden“. Sogar unser eigenes Schenken interpretieren wir oft genug innerhalb des Paradigmas des Tausches.

Um dieses Problem anzugehen, beschloss ich, meine verbleibenden Energien dem Schreiben und dem Lehren des Schenkprinzips zu widmen. Angesichts des immer deutlicher werdenden Scheiterns und der Grausamkeit des patriarchalen Kapitalismus wenden sich immer mehr Menschen der Schenklogik zu – egal welche Namen sie dieser geben mögen.

Wir müssen die Verbindungen zwischen der Mütterlichkeit und dem Schenken betonen, sowie zwischen indigenen schenkenden Gesellschaften und den freien bedürfnisbefriedigenden Handlungen, die sich ständig um uns herum und in uns selbst vollziehen. Wenn wir dazu imstande sind, können wir beginnen, die Welt wirklich zu begreifen. Dann werden wir auch wirklich verstehen, was wir tun müssen. Dieser Wechsel in unserem Denken ist notwendig, da ohne den entsprechenden theoretischen Rahmen unser Aktivismus nicht allgemein werden kann. Wir müssen unsere Werte so ändern, dass aus einer grausamen Gesellschaft eine mitfühlende Gesellschaft wird.

Die drei Projekte der Stiftung, die immer noch existieren, sind FIRE, der Sachmet-Tempel und WINGS (das unabhängig ist und das ich auf andere Weisen zu unterstützen versuche). All diese Projekte haben wesentlich mit der Veränderung von Werten zu tun. (Siehe Näheres zu den Projekten unten.)

Es gibt mittlerweile auch eine Webseite, www.gift-economy.com, auf der eine Reihe an Informationen zur Schenkökonomie zu finden ist. Ich kann über diese Webseite kontaktiert werden oder über meine Adresse in den USA: PO Box 2285, Austin, TX 78768. Ein Dokumentarfilm über mein Leben und die Schenkökonomie wurde vor kurzem gedreht. Mehr Information darüber ist auf der Webseite www.GivingforGiving.com zu finden.

Der gestohlene Wahlsieg George W. Bushs im Jahre 2000 hatte eine großen Einfluss auf den politischen Aktivismus in den USA. Diejenigen unter uns, die im Anschluss an die Ereignisse des 11. September nicht an Vergeltung oder „Rückzahlung“ glaubten, haben sich um Frieden bemüht und um ein Konzept der Anderen, in dem es um Bedürfnisbefriedigung anstatt um Hass und Angriff geht. Es ist völlig klar, dass die Prozesse einer Hypermaskulisierung, die hinter unseren Kriegen stehen, niemals eine friedliche Welt schaffen können. Heute haben sie sich mit dem Kapitalismus verbunden, um einen Kampf um maskulisierte Macht zu schaffen, der auf Leben und Tod geführt wird. Dieser Kampf wird als Legitimation für die Brutalität einzelner Mächtiger und ganzer Nationen herangezogen. Das Finden und Schaffen von Alternativen scheint notwendiger denn je.

Während der letzten Jahre meiner Arbeit in den USA habe ich mithilfe von Mitarbeiterinnen der Stiftung zwei große Konferenzen organisiert und gesponsert. Die erste war 2004 eine Konferenz zur Schenkökonomie, die zweite, 2005, eine Konferenz zur Matriarchatsforschung.

2003 besuchte ich den Weltkongress für Matriarchatsforschung in Luxemburg, der von Heide Göttner-Abendroth geleitet wurde. Ich konnte kaum glauben, wie weitreichend die Entsprechungen zwischen dem Matriarchat und der Schenkökonomie waren. Ich lernte, dass das Matriarchat (das nicht als Spiegelbild des Patriarchats verstanden werden darf) der weitere Kontext der Schenkökonomie ist, ihre soziale Matrix. In matriarchalen Gesellschaften müssen Buben ihre fürsorgliche Identität nicht aufgeben, da die gesamte Gesellschaft Prinzipien der Mütterlichkeit folgt. Göttner-Abendroth erklärte mir, dass die Schenkökonomie für Matriarchate charakteristisch ist. Die Anzahl und Vielfältigkeit der matriarchalen Gesellschaften, die präsent waren und über die berichtet wurde, waren faszinierend. Ich beschloss, eine zweite Konferenz unter der Leitung Göttner-Abendroths in den USA durchzuführen.

Zuvor organisierte ich noch die Konferenz zur Schenkökonomie in Las Vegas, Nevada, 2004. Es wurden in etwa 35 Frauen eingeladen. Das Buch zur Konferenz, Women and the Gift Economy: a Radically Different Worldview is Possible (etwa: „Frauen und die Schenkökonomie: eine radikal andere Weltsicht ist möglich“) ist gerade (2007) bei Inanna Press in Kanada erschienen.

Im Oktober/November 2005 kam es dann zum Zweiten Weltkongress für Matriarchatsforschung in San Marcos, Texas. Eine große Zahl indigener matriarchaler Frauen versammelte sich dort. Im selben Jahr wurde der endgültige Schlussstrich unter die Stiftung und meine Rolle als aktiver Gründerin gezogen.

Ich denke, dass Matriarchate eine bereits existierende Alternative zum patriarchalen Kapitalismus darstellen und dass die Schenkökonomien, die in verschiedenen Formen innerhalb matriarchaler Gesellschaften existieren, wirklich der Schlüssel zu den Werten sind, die unsere Welt eine bessere machen können. Diese Werte liegen inmitten des patriarchalen Kapitalismus, nur sind sie versteckt. Die befreiende Logik des Geschenks ist die Logik der Menschlichkeit, wo auch immer sie gefunden werden mag.

Um eine Idee von der Stiftung zu vermitteln, solange sie existierte, setze ich hier mit der Beschreibung ihrer Aktivitäten fort, wie sie 1997 in der Originalausgabe dieses Buches erschien. Dies kann als eine Art Momentaufnahme, als ein „Bild der Zeit“ gelesen werden.

1997 ist der zehnte Gründungstag der Foundation for a Compassionate Society. Natürlich gab es bereits zuvor viele wichtige Projekte. Stonehaven Ranch ist ein spiritueller Center in der Nähe von San Marcos, Texas, den es seit 1984 gibt. Jedes Wochenende steht er Treffen von Friedens- und Frauengruppen zur Verfügung, zu geringen Kosten oder überhaupt frei. Buchstäblich Tausende von Menschen, die für soziale Veränderung arbeiten, haben sich im Laufe der Jahre dort eingefunden. Margie First ist momentan die Managerin, die für diese FürsorgerInnen sorgt. Andere Projekte begannen in den 80er Jahren, wie das Austin Women’s Peace House. Diese Projekte existierten einige Jahre lang, bevor sie aus dem ein oder anderen Grund endeten. Von 1985 bis 1994 war ein wöchentliches Programm, das auf Austins Community-TV lief, Teil unserer Aktivitäten: „Let the People Speak“ („Lass die Menschen sprechen“), moderiert von Trella Laughlin. Dieses Programm wurde von mehreren anderen abgelöst: „Feminist Values“ („Feministische Werte“) von mir selbst, „Arts and Activism“ („Kunst und Aktivismus“) von Sally Jacques und „Women’s News Hour“ („Frauennachrichten“) von Frieda Werden.

Wenn das Schenken in der Tauschökonomie individuell praktiziert wird, kann es zur Erschöpfung der Schenkenden führen. Nachdem ich – mit Ausnahme einiger geringer Förderungsgelder – die FFCS alleine finanzierte (die anderen Frauen schenkten Zeit, Energie und Ideen), gelangten meine finanziellen Ressourcen an ihr Ende. Ich musste das Spendenprogramm einstellen, das von 1981 bis 1994 existierte und manche Projekte mussten geschlossen werden. Das Grassroots Peace Organizations Building (etwa: das „Volksfriedenshaus“) beherbergte sowohl die Büros der Stiftung als auch die Büroräume vieler anderer Friedensgruppen, in denen sowohl Frauen als auch Männer aktiv waren. An der Hauptstrasse Austins gelegen, war dieses kleine Haus ein Vorposten der sozialen Veränderung inmitten des Mainstreams. Ich verkaufte es 1996, um die Stiftung weiter betreiben zu können. Eine wunderschöne Einrichtung am Travis-See, unser zweiter spiritueller Center, die Alma de Mujer (span.: „die Seele der Frau“) war ein Teil der Stiftung von 1988 bis 1996, bevor ich ihn dem Indigenous Women’s Network spendete. Es wird weiterhin erfolgreich von der indigenen Bildhauerin Marsha Gomez geleitet, mit der Hilfe von Esther Martinez.

1985 war ich in der Lage, das Peace Tent („Friedenszelt“) bei der UNO-Abschlusskonferenz des Jahrzehnts der Frau in Nairobi zu finanzieren und zu betreiben. Ich tat dies gemeinsam mit einer Gruppe, die ich mitbegründet hatte, The Feminist International for Peace and Food („Die Feministische Internationale für Frieden und Nahrung“). Das Zelt war sehr erfolgreich. Es wurde zu einem Ort, an dem Frauen aus Ländern, die sich miteinander im Krieg befanden, in Frieden debattieren und diskutieren konnten. Unsere Veranstaltungen wurden von Tausenden von Frauen besucht. Zwei der Frauen, die dabei halfen, das Zelt zu organisieren, die deutsche Ellen Diederich und die Sängerin Fasia Jansen, eine Deutsche afrikanischer Abstammung, haben viele Jahre lang mit der FFCS zusammengearbeitet. Sie initiierten eine Friedenskarawane in die Sowjetunion (vor dem Fall der Mauer) und gründeten später Four Directions (ein Versuch in cause-related marketing). Sie arbeiten weiterhin für den Frieden. Viele andere Gruppen nahmen am Friedenszelt teil, inklusive der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit und der Internationalen Demokratische Frauenföderation. Es war ein erfolgreiches Modell für den Dialog unter Frauen, das danach viele Male nachgeahmt wurde.

Friedenskarawanen wurden auch in den USA organisiert. Frauen fuhren von Stadt zu Stadt, um von dem Treffen in Nairobi zu erzählen. Die US-amerikanische Quäkerin Alice Wiser und die deutsche Gertrude Kauderer betrieben diese Karawanen jeden Sommer, mehrere Jahre lang.

Viel Unterstützung ging von unserer Seite auch an die zentralamerikanischen Selbstbestimmungsbewegungen. Wir sandten Delegationen nach El Salvador, um Menschenrechtsverletzungen, die Aktivitäten der Todesschwadronen und die Rolle der US-Regierung zu untersuchen. Auch eine spezielle Untersuchungsdelegation von Generalstaatsanwälten aus den USA wurde von uns nach Zentralamerika gesandt (auch ich war Teil dieser Delegation).

Ellen und Fasia organisierten eine Europa-Tour der Salvadorschen Mütter der Verschwundenen, die einen großen Beitrag zur globalen Bewusstseinsbildung leistete. Ich half Frauen des Südens dabei, durch die USA zu reisen und über das Leben in ihren Ländern zu berichten. (Dies geschah mithilfe des „Dritte-Welt-Frauenprojekts“ des Institutes for Policy Studies, organisiert von der Chilenin Isabel Letelier).

All diese Arbeit kulminierte in zwei Treffen zwischen FrauenaktivistInnen aus den USA und weiblichen commandantes der FLMN El Salvadors. In diesen Treffen wurde deutlich, dass die Werte von Frauen Antagonismus und Krieg überwinden konnten. Wir sprachen über unsere Kinder und über deren Zukunft. Wir hatten ernsthafte politische Diskussionen – aber wir tanzten und sangen auch miteinander.

Ich habe mich vor langer Zeit der Unterstützung der Frauen des Südens und dem internationalen Feminismus verpflichtet. Ich habe Frauen in internationalen Gruppen und Konferenzen unterstützt. Ich habe mit Publikationen und dem Aufbau von Computernetzwerken geholfen. Es gab im Laufe der Jahre zahlreiche Projekte des Südens bzw. von Frauen des Südens, die ich unterstützt habe. Gegenwärtig ist die philippinische Aktivistin Charito Basa, die sich MigrantInnen in Europa annimmt, eine meiner Mitarbeiterinnen.

Ich denke, dass das Nutzen der Medien besonders wichtig ist, was die Verbreitung der Perspektive der Frauen in der Öffentlichkeit anlangt. 1991 gründete ich FIRE, den Feminist International Radio Endeavor (etwa: „Das internationale feministische Radioabenteuer“), ein zweistündiges Frauenprogramm (eine Stunde auf Englisch, eine auf Spanisch), das vom Radio for Peace International, einem Kurzwellensender in Coast Rica ausgestrahlt wird. Maria Suarez aus Puerto Rico und die Chilenin Katarina Anfossi sind die Initiatorinnen dieses Programms.

WINGS, Women’s International News Gathering Service (etwa: „Internationaler Frauennachrichtendienst“), wurde 1986 von Frieda Werden und Katherine Davenport gegründet. Nach Katherines Tod kehrte Frieda nach Austin zurück, wo sie seit 1992 in der FFCS arbeitet. Sie setzt damit fort, eine wöchentliche WINGS-Sendung zu produzieren, in Zusammenarbeit mit Voluntärinnen, die sie auch ausbildet. Frieda ist ebenso Radioausbildnerin in WATER, Women’s Access to Electronic Resources (etwa: „Zugang für Frauen zu elektronischen Ressourcen“), einer Einrichtung in Austin, die von der Videokünstlerin Fern Hill gegründet wurde und geleitet wird. In WATER erhalten Frauen freie Ausbildung, was den Gebrauch von Radio, Video und EDV betrifft. Felicia Hayes und Vicky Kilgore sind dort Ausbildnerinnen und gleichzeitig Mitarbeiterinnen der FFCS. Eine große Gemeinschaft von Frauen ist rund um WATER aufgewachsen und hat seine Ressourcen verwendet und viel freie Arbeit für das Projekt geleistet. Eine herausragendes Ereignis ist das jährliche Medienfestival am Internationalen Frauentag, ein 24-stündiger Multimedia-Event, der ausschließlich von Frauen in kollektiver Arbeit veranstaltet wird und auch zahlreiche andere Medienzentren der Stadt mit einbezieht.

Casa de Colores (span.: „das Haus der Farben“) ist eine öffentlich zugängliche Einrichtung an der Grenze zwischen Texas und Mexiko, die gleichzeitig indigener Resource Center und indigenes Museum ist. Sie wird geleitet von Helga Garcia Garza. Danza-Festivals, Treffen mit den elders und das Praktizieren traditioneller Heilmethoden vereint erdgebundene, spirituelle Traditionen indigener Völker der USA und Mexikos. Diese Treffen, in Verbindung mit dem Museum, erlauben Menschen sowohl des Nordens als auch des Südens, sich wieder mit ihrem kulturellen Erbe zu verbinden.

Ein Teil unserer Anstrengung, unsere sozialen Werte zu ändern, kommt Formen alternativer Spiritualität zu, vor allem der Goddess-Bewegung. Das Stonehaven Goddess Program, das von der spirituellen Aktivistin Pat Cuney organisiert wird, existiert seit langem und viele der Autorinnen und Lehrerinnen der Goddess-Bewegung haben dort Workshops veranstaltet.

In der Wüste Nevadas habe ich einen Tempel für die ägyptische Göttin Sachmet gebaut, in der Nähe des nuklearen Testgebiets. Ich tat dies, um die Geburt meiner Töchter zu ehren und um im Sinne der Spiritualität der Frauen ein Zeichen gegen die Nukleartests zu setzen. Die Statue der löwenköpfigen Göttin von Marsha Gomez trägt eine Tafel, die sagt: „Mögen Frauen so stark wie der Löwe sein, wenn es darum geht, die Zukunft zu gebären!“ Eine andere Statue Marsha Gomez’, die „Madre del Mundo“ (span., „die Mutter der Erde“), findet sich ebenfalls an diesem heiligen Ort. Die Wicca-Priesterin Patricia Pearlman betreut den Tempel und heißt dort Konferenzen zur Konfliktlösung, Camps von NukleargegnerInnen und spirituelle Zusammenkünfte willkommen. Das Land, auf dem der Tempel gebaut ist, konnte ich den Westlichen Shoshone zurückgeben, die ursprünglich dort beheimatet waren.

Ein besonderes Thema unserer Aktivitäten ist der Schaden, der von nuklearer Strahlung an der Natur und der Gesundheit angerichtet wird. Die Frauen, die in dem (direkter politischen, nicht steuerlich absetzbaren) Teil meiner Organisation, der Gruppe Feminists for a Compassionate Society arbeiten, haben hervorragende und ausgesprochen wirksame Arbeit geleistet im Widerstand gegen die geplante nukleare Mülldeponie in der kleinen Stadt Sierra Blanca, die im Westen Texas’, an der Grenze zu Mexiko, liegt. Erin Rogers tat sich in dieser Arbeit besonders hervor.

Susan Lee Solar hat eine Friedenskarawane organisiert, eine Art mobiles Anti-Nuklearmuseum, mit dem sie von Stadt zu Stadt fährt, um die nukleare Frage zu diskutieren. Der Transport nuklearen Abfalls ist sehr gefährlich und das mobile Museum leistet einen großen Beitrag für die Bewusstseinsbildung der Menschen entlang der Route, der es folgt. Die FFCS hat auch Gesundheitsuntersuchungen in der Nähe ehemaliger Militärbasen durchgeführt, um nukleare und giftige Reststoffe und deren Effekte auf die Bevölkerung zu dokumentieren. Yana Bland, die, mit Hilfe der FFCS, auch die Association of Women of the Mediterranean Region (AWMR – „Verbindung der Frauen der Mittelmeerregion“) gründete, hat Untersuchungen in der Nähe des Kelly-Luftwaffenstützpunkts in San Antonio, Texas, durchgeführt. Eine weitere Gesundheitsstudie wurde durchgeführt auf den Clark- und Subic-Stützpunkten auf den Philippinen.

Es ist schwierig, auf ein paar Seiten all die Projekte dieser Organisationen zu beschreiben. In letzter Zeit organisierten wir eine Reihe von Konferenzen, einschließlich einer zu „Feministischen Family Values“, bei der Angela Davis, Maria Jiménez, Gloria Steinem und Mililani Trask vor einem Publikum von zweitausend Menschen sprachen. Eine andere Konferenz, zu „Feminismus und Fundamentalismus“, brachte Aktivistinnen und Denkerinnen verschiedener Traditionen zusammen, um patriarchale Religion aus feministischer Perspektive zu diskutieren. Mahnaz Afkami, Marta Benevides, Yvonne Deutsch und Robin Morgan präsentierten ihr Denken an der Seite eines lokalen Forum, dem unter anderem die Aktivistin Cecile Richards angehörte.

Antinukleare Treffen werden jedes Jahr abgehalten, um Frauen, die sich gegen Nuklearenergie engagieren, zusammenzubringen. Es ist uns immer ein Anliegen, die Verbindungen zwischen verschiedenen Fragen zu betonen, im Speziellen die Verbindung zwischen Militärausgaben, dem Schaffen von Armut und der Zerstörung der Natur. Nach dem Verkauf des Grassroots Peace Organizations Building übersiedelten wir unser Büro in ein konventionelleres Bürogebäude. Eine Kerngruppe von speziellen Projektskoordinatorinnen arbeitet dort.

Es entstanden Bücher zu den Konferenzen zu „Feministischen Family Values“ und „Feminismus und Fundamentalismus“. Darüber hinaus sind Bücher der Association of Women of the Mediterranean Region erhältlich.

All diese Aktivitäten – und viele andere, die ich aus Platzgründen nicht erwähnen kann – waren ein Versuch, die Praxis des Schenkprinzips auf vielen verschiedenen Ebenen und in Bereichen unseres Lebens, aus denen sie gewöhnlich ausgeschlossen sind, zu praktizieren. Die FFCS ist organisch gewachsen, mit vielen Drehungen und Wendungen. Sie ist wie das Leben: genauso chaotisch und wild wie fürsorglich und Bewusstsein bildend. So viele Dinge, die Menschen gemacht und gedacht haben, sind im Gegensatz dazu wie Plastik: mit Molekülen in geraden Linien, oder wie Städte: mit Häusern in ordentlichen Reihen.

Eine Theorie in die Praxis umzusetzen, bedeutet, dass sie einsickern muss, dass sie durch Widersprüche, Missverständnisse und Misstrauen hindurch dringen muss, dass sie ihren Weg durch die verschiedensten Schichten finden muss, um schließlich blühen und Früchte tragen zu können. Leider gelingt es mir erst jetzt, dieses Buch zu veröffentlichen, nach vielen Jahren der Praxis. Ich hatte die Theorie bisher nur im Rahmen von Gesprächen erklärt und konnte mich dabei vielleicht nicht immer verständlich genug machen. Ich war gewillt, dies zu akzeptieren, da ich glaube, dass aufgrund unserer Sozialisierung zur Fürsorge, alle (oder beinahe alle) Frauen bereits den Werten des Schenkprinzips folgen.

Diese Werte liegen jedoch oft unter einer Schicht von Vorstellungen verborgen, die dem Tauschprinzip angehören. Die Widersprüche, die jede Frau in sich selbst spürt, werden auf die ein oder andere Weise wegrationalisiert und wir lernen im Patriarchat zu leben. Wir verdrängen unsere eigenen Werte ins Unbewusste oder schreiben sie dem Bereich des Gefühls zu. Die Foundation for a Compassionate Society und Feminists for a Compassionate Society sind – neben allen Diensten, die sie geleistet, und all den Veränderungen, die sie initiiert haben – vor allem Bewusstsein bildende Organisationen. Ihre Existenz verändert die Realität und befriedigt das Bedürfnis nach einem Beispiel des Schenkens der Frauen auf der gesellschaftlichen Ebene. Dies bestätigt die schenkende Kraft, die in uns allen ruht, und verleiht dem Schenkprinzip die Würde, die ihm zukommen muss, wenn es von der Menschheit als jenes Prinzip erkannt werden soll, das uns Frieden bringen kann.

Die folgenden Worte kamen mir in einem Traum: „Friede auf Erden ist der nächste Schritt der menschlichen Evolution.“ Mag es bald zu diesem Schritt kommen.


Erella Shadmi, „Trapped in Patriarchy: Can I forgive Men?“, S. 256.

Anm. d. Übers.: Im Sommer 1998 kam es als Höhepunkt des Widerstandes, dem sich mittlerweile zahlreiche Gruppen angeschlossen hatten, zu einem 100 Kilometer langen Marsch durch die Wüste West-Texas’. Kurz darauf gab der damalige Gouverneur von Texas, George W. Bush, bekannt, dass es zu keiner Erlaubnis für die Errichtung der Mülldeponie kommen würde.

 

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